Aus dem Risk Hub


3. Oktober 2025
Lesezeit: 11 Minuten

Depot A-Revolution 2026: Warum dein Votierungsprozess ohne ESG scheitert – und wie du ihn MaRisk-sicher machst

Vergiss, wie du das Depot A noch vor fünf Jahren gesteuert hast. Die Zeiten, in denen ein solides externes Rating und eine stabile Spread-Analyse für ein „Go“ im Emittenten-Votum ausreichten, sind endgültig vorbei. Wir stehen mitten in einer tiefgreifenden Transformation, angetrieben durch zwei mächtige Kräfte: die Regulatorik und den Markt.

Die Aufsicht, allen voran die BaFin mit den MaRisk, macht unmissverständlich klar: ESG-Risiken sind finanzielle Risiken und müssen als solche behandelt werden. Gleichzeitig zwingen uns EU-Taxonomie und CSRD zu einer Transparenz, die viele Banken und Finanzinstitute erst noch lernen müssen.

Das Problem? Viele Institute stecken noch in der Theorie fest. Man hat zwar „irgendwas mit ESG“ in den Richtlinien stehen, aber der eigentliche Votierungsprozess – das Herzstück deiner Risikosteuerung im Depot A – ist oft noch ein alter Motor, an den man notdürftig einen ESG-Filter geschraubt hat. Das wird 2026 nicht mehr reichen. Weder für die Aufsicht noch für deine Performance.

Dieser Artikel ist dein Praxis-Leitfaden. Wir überspringen die Theorie und gehen direkt in die Umsetzung. Wie baust du einen Votierungsprozess, der nicht nur MaRisk-konform ist, sondern ESG als integralen Bestandteil der Bonitätsanalyse lebt? Wie votierst du Limite für Green Bonds, Spezialfonds und Schuldscheine prüfungssicher? Es ist Zeit, vom Wissen ins Handeln zu kommen – und dein Depot A zukunftsfest zu machen.

Depot A-Revolution 2026 – ESG & MaRisk To-Do-Übersicht

Handlungsfeld Wichtigste Punkte To-Dos für 2026
ESG-Integration im Votum ESG-Risiken sind finanzielle Risiken; externe Ratings allein genügen nicht. Eigene ESG-Bonitätseinschätzung durchführen und dokumentieren (BTO 1.2 Tz. 5).
Laufende Bonitätsüberwachung ESG-Skandale oder Ratingänderungen müssen zu Ad-hoc-Reviews führen. Monitoring-Prozess mit klaren Triggern und Wiedervorlagepflicht etablieren (BTO 1.2 Tz. 6).
Daten & Methodik CSRD-Daten und ESG-Scores als Grundlage für Votierung nutzen. Mehrere Datenquellen triangulieren und Materialitätsmatrix je Sektor aufbauen.
Votierungsprozess & Tools ESG-Pflichtfelder in Templates integrieren (z.B. physische/Transitionsrisiken). Votierungs-Toolkit oder digitale Checkliste implementieren (S+P Tool Box).
Green & Sustainability-Linked Bonds Frameworks, KPIs und SPOs auf Qualität prüfen (ICMA Principles). ICMA GBP/SLBP anwenden und Ambition sowie Verifizierung dokumentieren.
Spezialfonds & Durchschau 5%-Schwelle und Risikorelevanzgrenze beachten; Emittentenlimit prüfen. Quartalsweise Überwachung; bei Überschreitung vollständiges Einzelvotum inkl. ESG-Analyse.
Dokumentation & Prüfungsfestigkeit Jede Entscheidung muss nachvollziehbar und prüfbar dokumentiert sein. Votierungsberichte standardisieren; ESG-Argumentation konkret formulieren.
Kompetenz & Fit-&-Proper Aufsicht fordert ESG-Fachwissen und nachweisbare Kompetenz im Team. Teammitglieder zertifiziert weiterbilden (Treasury, Controlling, Marktfolge).
CSRD & Biodiversität Neue ESG-Daten durch CSRD verfügbar; Fokus auf S, G und B (Biodiversität). Datenverarbeitung in Votierungssystem integrieren; Blue Bonds prüfen.

Das neue Fundament – Warum MaRisk und ESG untrennbar sind

Die vielleicht wichtigste Neuerung der letzten MaRisk-Novellen betrifft das Depot A direkt. Schauen wir uns die zentralen Punkte an, die dein Votum fundamental verändern: MaRisk BTO 1.2, insbesondere die Textziffern 5 und 6.

BTO 1.2 Tz. 5 stellt klar: Das blinde Vertrauen auf externe Bonitätseinschätzungen ist passé. Du bist verpflichtet, eine eigene Einschätzung vorzunehmen. Hier kommt ESG ins Spiel. Ein Emittent mag ein „AA“-Rating haben, aber wenn sein Geschäftsmodell auf Wasserknappheit in einer Hochrisiko-Region basiert (physisches Risiko) oder er massiv von CO2-Zertifikaten abhängt (Transitionsrisiko), ist dieses Rating möglicherweise nicht nachhaltig. Dein „eigenes Votum“ muss genau diese ESG-Faktoren als integralen Bestandteil der Bonitätsanalyse abbilden.

BTO 1.2 Tz. 6 fordert die „laufende Bonitätsüberwachung“. Das bedeutet: Ein einmaliges Votum reicht nicht. Du musst einen Prozess etablieren, der Risiken kontinuierlich überwacht. Was tust du, wenn ein „ESG-Skandal“ (z.B. Greenwashing-Vorwürfe, Arbeitsrechtsverletzungen) die Schlagzeilen dominiert? Sinkt nur der Spread oder ist das ein echtes Bonitätsthema? Dein Votierungsprozess braucht klare Trigger und Mechanismen für ein Ad-hoc-Review.

Die Aufsicht fragt nicht mehr ob, sondern wie du das tust. Sie will deine Methoden sehen, deine Datenquellen und deine Dokumentation. Ein ESG-Score von einem Anbieter reicht nicht. Du musst zeigen, wie dieser Score (oder besser: die dahinterliegenden Rohdaten) deine Limit-Entscheidung konkret beeinflusst hat. ESG ist keine separate Risikoart mehr, sondern eine Dimension, die sich durch alle bekannten Risikoarten (Kreditrisiko, Marktrisiko, Liquiditätsrisiko) zieht.


Der Praxistest – So baust du einen zukunftsfähigen Votierungsprozess

Genug der Regulatorik, lass uns an die Werkbank gehen. Ein robuster Votierungsprozess ist keine Raketenwissenschaft, aber er erfordert Disziplin und die richtigen Werkzeuge.

Bevor wir in die vier Phasen des Prozesses (Setup, Votum, Monitoring, Dokumentation) einsteigen, muss das Fundament stehen: Die Verknüpfung deiner Anlagerichtlinien mit dem MaRisk-konformen Plausibilitätscheck.


Fundament: Anlagerichtlinien & doppelter Plausibilitätsansatz

Die meisten Anlagerichtlinien geben als Mindestanforderung an die Bonität Investment Grade (mindestens BBB-) vor. Dieses Rating bildet den Ausgangspunkt für das Emittenten-Votum. Gemäß MaRisk BTO 1.2 Tz. 5 darf jedoch nicht allein auf externe Ratings vertraut werden.

Daher erfolgt eine Plausibilisierung über interne Kennzahlen (z.B. aus der S+P Tool Box). Analog zur finanziellen Bonität wird dies nun auch für ESG-Risiken angewandt.

Es entsteht ein doppelter Plausibilitätsansatz: Die finanzielle Tragfähigkeit wird durch interne Kennzahlen abgesichert, die ESG-Integrität durch Rating-Vergleich und Materialitätsbewertung. Beide Dimensionen fließen in das Votum ein.

Bonität und ESG – Plausibilisierung gemäß MaRisk

Kategorie Mindestanforderung laut Anlagerichtlinie Plausibilisierung im Votum (MaRisk Tz. 5) Bewertungsstatus
Bonität (klassisch) Externes Rating: Investment Grade ≥ BBB- Überprüfung durch Finanzkennzahlen aus der S+P Tool Box
(z. B. Debt / EBITDA, Liquidity Ratio, Interest Coverage Ratio)
✅ OK
Wenn Kennzahlen das externe Rating bestätigen
ESG-Rating (extern) ISS ESG: nicht schlechter als B-
Sustainalytics: nicht schlechter als „Medium Risk“
Plausibilisierung anhand sektoraler Wesentlichkeitsmatrix:
→ Wie viele „Most Material“-Themen liegen vor?
→ Bis 2 = OK / > 2 = Einzelanalyse (siehe Phase 2)
✅ OK
Bis 2 Materialthemen
🟡 Einzelanalyse
> 2 Materialthemen
🔴 Nicht investierbar
Wenn Mindest-ESG-Rating unterschritten
ESG-Maßnahmen EU-Taxonomie & CSRD-Konformität bis 2050 erwartet Bewertung, ob Zielpfade und Maßnahmen des Emittenten realistisch sind (z. B. CO₂-Reduktionsziele, ESG-KPIs) ✅ Realistisch
Zielpfade plausibel
🟡 Teilweise
Nachsteuerungsbedarf
🔴 Unrealistisch
EU-Ziele nicht erreichbar

Hinweis: Die Kombination aus Investment-Grade-Rating, interner Kennzahlen-Plausibilisierung und Mindest-ESG-Rating sichert ein prüfungssicheres Votum. Bei mehr als zwei wesentlichen ESG-Risiken ist eine Einzelanalyse auf Basis des ESRS-Reports verpflichtend.

Phase 1: Das Setup – Daten, Tools und Verantwortung

Bevor du überhaupt ein Votum startest, muss das Fundament stehen.

  • Daten: Auf welche ESG-Datenquellen verlässt du dich? Nutzt du nur einen Anbieter oder triangulierst du (z.B. CSRD-Berichte des Emittenten, Datenprovider, eigene Analysen)?

  • Methodik: Hast du ein klares ESG-Scoring-Modell? Wie gewichtest du E, S und G? Noch wichtiger: Wie definierst du Materialität? Ein „S“-Thema ist für eine Bank (Kundendaten) wichtiger als für einen Zementhersteller (Arbeitssicherheit). Dein Modell muss das abbilden. Eine Wesentlichkeitsmatrix (Materiality Matrix), wie im folgenden Beispiel, ist dafür ein zentrales Werkzeug. Sie zeigt, welche ESG-Themen für welchen Sektor die größten finanziellen Auswirkungen (und/oder Auswirkungen auf die Umwelt/Gesellschaft) haben. Dein Votum muss sich auf die dunkelblauen, „Most Material“-Felder deines Emittenten konzentrieren.

  • Tools: Arbeitest du noch mit veralteten Excel-Listen? Du brauchst ein Votierungs-Toolkit – eine Checkliste oder ein Template, das die ESG-Integration erzwingt, genau wie sie in professionellen Lehrgängen (z.B. als Teil einer „S+P Tool Box“) bereitgestellt werden. Felder wie „Wesentliche ESG-Risiken (physisch/transitorisch)“, „Analyse Green Bond Framework“ oder „Prüfung CSRD-Konformität“ müssen Pflichtfelder sein, keine Kür.

ESG-Materialitätsbewertung im Votierungsprozess

Bewertungsschritt Kriterium Vorgehensweise Bewertungsmaßstab
1. Identifikation wesentlicher ESG-Themen Welche ESG-Aspekte des Emittenten sind „Most Material“ laut Sektor-Matrix? Abgleich mit sektoraler Wesentlichkeitsmatrix (Phase 1 Setup)
  • 0–1 „Most Material“-Themen → niedriges ESG-Risiko
  • 2 „Most Material“-Themen → reguläres Votum mit ESG-Abschnitt
  • Mehr als 2 → ESG-Einzelanalyse erforderlich
2. ESG-Einzelanalyse (bei > 2 Materialthemen) Prüfung, ob ESG-Maßnahmen des Emittenten geeignet sind, die Risiken zu mitigieren Analyse auf Basis des ESRS-Reports (European Sustainability Reporting Standards):
  • Strategie & Governance
  • ESG-Ziele & Maßnahmen
  • Datenqualität & KPIs
  • „Realistisch“ – EU-Ziel 2025 erreichbar → positives Votum mit Monitoring
  • „Teilweise realistisch“ – Nachsteuerungsbedarf → Limitverkürzung oder Auflage
  • „Unrealistisch“ – EU-Ziel 2025 nicht erreichbar → Ablehnung oder Reduktion
3. Integration in Bonitätsvotum Verknüpfung ESG-Ergebnis mit Finanzanalyse (Kreditqualität & Spread) Dokumentation im Votum (Pflichtfeld: „ESG-Bewertung / Maßnahmenprüfung“)
  • Ergebnis: ESG = Teil der Bonitätsnote (z. B. A-, B+)
  • Einfluss auf Limit, Laufzeit und Wiedervorlage
4. Laufende Überwachung (MaRisk Tz. 6) Veränderungen der ESG-Risikofaktoren im Zeitverlauf Überwachung anhand von Spread, Medienlage, ESG-Ratings und CSRD-Updates Ad-hoc-Review, wenn:
  • ESRS-KPIs nicht erreicht
  • Ratingherabstufung oder ESG-Skandal

Hinweis: Der Schwellenwert von maximal 2 „Most Material“-Themen dient als interne Orientierung gemäß dem Proportionalitätsprinzip. Überschreitet ein Emittent diesen Wert, ist eine ESG-Einzelanalyse mit ESRS-Referenz und Bewertung der Realisierbarkeit der EU-Ziele 2025 verpflichtend.


Phase 2: Das Erst-Votum – Mehr als nur ein Haken

Hier findet die eigentliche Analyse statt. Dein Ziel ist ein prüfungssicheres Votum, das klar begründet, warum ein Emittent ein bestimmtes Limit (und eine bestimmte Laufzeit) erhält.

  • Finanzielle Analyse: Der klassische Teil (Bilanz, GuV, Cashflow) bleibt.

  • ESG-Integration: Jetzt koppelst du die ESG-Analyse an.

    • Beispiel 1: Ein Energieversorger. Wie hoch ist der Anteil erneuerbarer Energien? Wie glaubwürdig ist der Transformationspfad? Ein hoher Braunkohle-Anteil führt zu einem klaren Risiko-Aufschlag oder einer Limit-Reduktion.

    • Beispiel 2: Eine Bank. Wie hoch ist das ESG-Risiko im eigenen Kreditbuch (finanzierte Emissionen)? Wie ist die Governance (G) aufgestellt?

  • Das Ergebnis: Dein Votum muss eine klare Conclusio haben: „Aufgrund der soliden Finanzen (A), aber der erhöhten Transitionsrisiken (B), votieren wir ein Limit von X, jedoch nur bis Laufzeit Y, mit einer Wiedervorlage in 6 Monaten zur Prüfung des Transformationsfortschritts.“


Phase 3: Das Monitoring – Der laufende Prozess (MaRisk Tz. 6)

Der häufigste Fehler: Ein Votum wird erstellt und verschwindet für 12 Monate in der Akte. Die MaRisk fordern aber eine laufende Überwachung.

  • Spread-Analyse: Dies ist dein Frühwarnsystem. Weitet sich der Spread eines Emittenten im Vergleich zur Peergroup? Das kann ein erster Indikator für Bonitätsprobleme (oft auch ESG-bedingt) sein.

  • Event-Trigger: Was passiert bei negativen Nachrichten? Dein Prozess muss definieren: Wann wird ein „Warnsignal“ (z.B. Herabstufung im ESG-Rating, negativer Medienbericht) zu einer formellen Wiedervorlage im Risikoausschuss?

  • ESG-Performance: Bei ESG-linked Assets (siehe unten) musst du die Einhaltung der KPIs (Key Performance Indicators) aktiv tracken.


Phase 4: Die Dokumentation – Dein Schutzschild im Audit

Was nicht dokumentiert ist, ist für den Prüfer nicht passiert. Deine Votierungs-Templates und -Berichte sind dein wichtigster Nachweis. Sie müssen nachvollziehbar sein. Ein Prüfer muss verstehen, warum du zu einer Entscheidung gekommen bist. Pauschale Sätze wie „ESG-Risiken wurden berücksichtigt“ sind wertlos. Du brauchst die Details: „Transitionsrisiko (Tz. X im ESG-Report) wurde als hoch eingestuft, wird aber durch starke Cashflows (s. Bilanzanalyse) kompensiert.“


Spezial-Assets im Fokus – Die Votierung in der Praxis

Der Teufel steckt im Detail – und im Depot A liegt das Detail oft in den Asset-Klassen. Ein Votum für eine Bundesanleihe ist nicht dasselbe wie für einen Spezialfonds.


Fallstudie 1: Green Bonds vs. Sustainability-Linked Bonds – Die Validierung

Diese Asset-Klassen boomen, doch nicht alles, was grün etikettiert ist, ist es auch. Dein Votum muss hier zwischen zwei Typen unterscheiden:

  1. Green Bonds (Use of Proceeds):

    • Analyse des Frameworks: Hier prüfst du: Wofür wird das Geld konkret verwendet? Prüfe das „Use of Proceeds“-Framework des Emittenten. Entspricht es anerkannten Standards (z.B. den ICMA Green Bond Principles (GBP) oder dem EU GBS)?

    • Second Party Opinion (SPO): Liegt eine externe Validierung vor? Lies sie! Steht dort „robust“ oder eher „potenziell“?

    • Vorsicht: Das Votum für den Green Bond ersetzt nicht das Votum für den Emittenten! Wenn der Emittent selbst massive ESG-Probleme hat, hilft auch der schönste Green Bond nichts.

  2. Sustainability-Linked Bonds (SLB) & Loans (SLL):

    • Analyse der KPIs: Eine wachsende Alternative, die oft auch bei Schuldscheinen (SLLs) genutzt wird. Hier ist die Validierung noch wichtiger. Der Emittent verpflichtet sich nicht, das Geld für ein grünes Projekt zu nutzen, sondern seine gesamte Unternehmens-Performance an ESG-Ziele (KPIs) zu koppeln.

    • Dein Votum muss hier die ICMA Sustainability-Linked Bond Principles (SLBP) als Messlatte anlegen:

      • Relevanz der KPIs: Sind die Ziele (z.B. „Reduktion CO2 um X%“) ambitioniert oder nur Marketing-Gag?

      • Kalibrierung (SPT): Sind die Sustainability Performance Targets wirklich herausfordernd?

      • Struktur: Ist die „Strafe“ (z.B. Zins-Step-up) bei Verfehlung materiell oder nur symbolisch?

      • Reporting & Verifizierung: Ist eine externe, jährliche Überprüfung der Zielerreichung vorgesehen?

    • Dein Votum muss klar bewerten, ob diese Struktur (z.B. bei einem SSD) robust ist oder ob das ESG-Label nur Fassade ist.


Fallstudie 2: Spezialfonds – Die Königsdisziplin der Durchschau

Spezialfonds sind die Black Box im Depot A. Die Aufsicht hat hier aber eine ganz klare Erwartungshaltung, wie du „Look-Through“-Risiken zu managen hast. Dein Prüfprozess muss eine klare Systematik aufweisen, die oft als Zwei-Stufen-Prüfung bekannt ist:

  • Stufe 1: Die Wesentlichkeitsschwelle

    • Die erste Hürde ist die Gesamtbetrachtung. Die gängige Marktpraxis (und aufsichtliche Erwartung) legt hier eine Schwelle von 5 % der Bilanzsumme für alle relevanten Spezialfonds-Engagements zusammen.

    • Überschreitest du diese Schwelle? Dann ist Schluss mit ‚Blindflug‘. Alle diese Fonds müssen vollumfänglich in dein Risikomanagement und -Controlling eingebunden werden.

  • Stufe 2: Die Risikorelevanzgrenze (pro Emittent)

    • Jetzt wird es granular. Diese Stufe gilt unabhängig von der 5%-Grenze und zielt auf Klumpenrisiken innerhalb der Fonds.

    • Du musst eine institutseigene Risikorelevanzgrenze pro Einzelemittent definieren (z.B. X Mio. € oder Y % deines Kernkapitals).


Was bedeutet das konkret für dein Votum?

  • Fall A (Der ‚einfache‘ Fall): Dein gesamtes Spezialfonds-Volumen liegt unter 5 % der BS UND du stellst sicher (z.B. durch Reportings), dass kein einziger Emittent im Fonds deine individuelle Relevanzgrenze reißt.

    • Die Folge: ✅ Du brauchst keine Einzelvotierung, keine Emittentenlimitierung und keine vollständige Durchschau auf Einzelebene.

  • Fall B (Der MaRisk-Trigger): Ein Emittent innerhalb eines Fonds (selbst wenn der Fonds nur 1% der BS ausmacht!) überschreitet deine institutseigene Relevanzgrenze.

    • Die Folge ist massiv: Du musst für diesen einen Emittenten ein vollständiges Einzelvotum (inkl. ESG-Analyse) erstellen.

    • Das Engagement muss auf dein Emittentenlimit für diesen Schuldner angerechnet werden.

    • Du bist zu einer quartalsweisen Überwachung dieses Emittenten verpflichtet.

Das bedeutet: Dein Votierungsprozess für Fonds muss sicherstellen, dass du die Daten vom Asset Manager granulär genug und oft genug (mind. quartalsweise) erhältst, um diese Prüfung überhaupt durchführen zu können. Sonst ist der Fonds nicht investierbar.


Der Blick nach vorn – Was 2026 auf dein Depot A zukommt

Wenn du glaubst, mit der Umsetzung der aktuellen MaRisk sei die Arbeit getan, muss ich dich enttäuschen. Die Dynamik nimmt weiter zu. Drei Trends musst du auf dem Schirm haben.

1. Die Daten-Revolution (CSRD): Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird alles verändern. Ab 2025/2026 liefern tausende Unternehmen standardisierte, prüfungspflichtige ESG-Daten. Das ist eine Goldgrube für dein Votum. Es gibt keine Ausreden mehr für „mangelnde Daten“. Dein Votierungsprozess muss in der Lage sein, diese neuen Daten zu verarbeiten und in Bonitätsanalysen zu übersetzen. Wer hier auf veraltete Prozesse setzt, verliert.

2. Von „E“ zu „S“, „G“ und „B“: Der Fokus weitet sich. Während „E“ (Environment, Klima) gut verstanden wird, rücken „S“ (Social – Lieferketten, Arbeitsrechte) und „G“ (Governance – Vergütung, Korruption) stärker in den Fokus der Aufsicht. Das neuste Thema ist „B“ – Biodiversität. EU-Initiativen (z.B. „Restore our Ocean“) und neue Anlageklassen wie „Blue Bonds“ zeigen: Du musst bald in der Lage sein, auch Risiken wie den Verlust der Artenvielfalt oder Wasserstress in deinem Votum zu bewerten.

3. Kompetenz statt Teilnahme („Fit & Proper“): Die Aufsicht schaut nicht nur auf deine Prozesse, sondern auch auf deine Leute. Hat dein Team im Treasury, im Risikocontrolling und in der Marktfolge das nötige Know-how, um ESG-Risiken fundiert zu bewerten? Der Nachweis echter, zertifizierter Kompetenz – etwa durch einen Lehrgang wie den „S+P Certified ESG Risk & Investment Specialist“ – wird vom „Nice to have“ zum „Must have“. Es ist der beste Beleg für die „Fit & Proper“-Anforderungen und zeigt dem Prüfer, dass dein Team nicht nur anwesend war, sondern die Umsetzung (z.B. in Fallstudien) trainiert hat.


Fazit: Vom Pflichterfüller zum Gestalter

Der Votierungsprozess im Depot A ist vom administrativen Akt zum strategischen Nervenzentrum deines Risikomanagements geworden. Die Integration von ESG ist keine regulatorische Schikane, sondern eine Notwendigkeit zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit deines Portfolios.

Hör auf, ESG als Add-on zu betrachten. Integriere es tief in die DNA deiner Kreditanalyse und Bonitätsbewertung. Nutze die neuen Daten der CSRD, schärfe deine Tools und investiere in die Kompetenz deines Teams.

Dein Votierungsprozess ist das Herzstück deines Depot A. Sorge dafür, dass es ESG-konform und zukunftssicher schlägt. Die Zeit für halbe Sachen ist vorbei.

Ort S+P Seminare Datum
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FAQ: Depot A-Revolution 2026 & ESG-Votierung

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