In den neuen Auslegungs- und Anwendungshinweisen (AuAs) zum Geldwäschegesetz (GwG) wurden insbesondere zu Kapitel 10.8, das sich mit den Folgen einer Verdachtsmeldung gemäß § 43 Abs. 1 GwG befasst, relevante Änderungen und Ergänzungen vorgenommen. Diese Änderungen sollen die bestehenden Regelungen präzisieren und die Verpflichteten stärker in die Verantwortung nehmen, insbesondere im Hinblick auf die Stillhaltepflicht §46 GwG und die Verhältnismäßigkeit bei der Durchführung von Transaktionen.
Eine wesentliche Änderung betrifft die Regelung der Stillhaltepflicht nach einer Verdachtsmeldung. Die neue Fassung der AuAs betont, dass eine Transaktion, für die eine Verdachtsmeldung nach § 43 Abs. 1 GwG abgegeben wurde, frühestens nach Ablauf des dritten Werktages durchgeführt werden darf, sofern die Financial Intelligence Unit (FIU) oder die zuständige Staatsanwaltschaft keine Untersagung ausgesprochen hat.
Diese Regelung ist eine Klarstellung gegenüber der vorherigen Fassung, in der diese Frist weniger präzise formuliert war. Neu ist die explizite Betonung, dass der Samstag bei der Fristberechnung nicht als Werktag zählt und sich die Frist bei gesetzlichen Feiertagen entsprechend verlängert.
Die AuAs stellen zudem klar, dass die Verpflichteten nicht automatisch nach Ablauf der Drei-Tages-Frist die Transaktion durchführen dürfen. Vielmehr obliegt es ihnen, eine eigene Prüfung vorzunehmen, ob ein weiteres Anhalten der Transaktion gerechtfertigt ist, insbesondere bei Vorliegen von Anhaltspunkten für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung.
Diese Änderung spiegelt die Rechtsprechung des LG Frankfurt aM wider, das in seinem Urteil vom 22. Januar 2024 (Az. 2-01 T 26/23) feststellte, dass die pauschale Durchführung einer Transaktion nach Ablauf der Drei-Tages-Frist ohne weitere Prüfung unzulässig ist. Die AuAs fordern von den Verpflichteten eine risikobasierte Prüfung, die nachvollziehbar dokumentiert werden muss.
Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Haftungsfreistellung gemäß § 48 GwG. Die neue Fassung betont, dass die Haftungsfreistellung nur greift, wenn die Meldung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet wurde.
Diese Änderung reagiert auf das Urteil des LG Frankfurt aM, das klarstellte, dass die Haftungsfreistellung nicht greift, wenn eklatant gegen die Vorschriften des GwG verstoßen wird, wie es beispielsweise bei einer rechtswidrigen Kontosperre der Fall sein könnte. Diese teleologische Reduktion der Haftungsfreistellung soll sicherstellen, dass Verpflichtete nicht durch grobe Verstöße gegen das GwG geschützt werden.
Die neuen AuAs bieten auch Klarstellungen zur Rolle der Hinweisgeberstelle. Sie betonen, dass Beschäftigte, die intern eine Verdachtsmeldung abgeben, nicht verpflichtet sind, eine eigene Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG zu erstatten, falls die für die Erstattung zuständige Stelle keine Meldung abgibt.
Es steht ihnen jedoch frei, über die Hinweisgeberstelle auf mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften hinzuweisen. Diese Regelung soll den Beschäftigten Sicherheit bieten, wenn sie Zweifel an der internen Handhabung ihrer Meldung haben, ohne sie direkt zur Meldung bei der FIU zu zwingen.
Das Urteil des LG Frankfurt aM hat darüber hinaus wichtige Implikationen für die Praxis der Kontosperrungen.
Das Urteil des LG Frankfurt aM vom 22. Januar 2024 bringt erhebliche Risiken für Verpflichtete im Rahmen des Geldwäschegesetzes (GwG) mit sich, insbesondere für Geldwäschebeauftragte (GWB). Das Gericht stellte klar, dass eine pauschale Kontosperrung nach einer Verdachtsmeldung über die im § 46 GwG vorgesehene Drei-Tages-Frist hinaus rechtswidrig ist, sofern diese nicht ausschließlich auf die verdächtige Transaktion beschränkt ist.
Diese Entscheidung zwingt GWBs zu einer sorgfältigeren Abwägung und Dokumentation jeder Entscheidung, eine Transaktion nach der Frist weiter anzuhalten, um eine mögliche Haftung zu vermeiden. Das Risiko besteht darin, dass eine unzureichend begründete oder undokumentierte Entscheidung zu einer zivilrechtlichen Haftung führen kann, insbesondere wenn die Haftungsfreistellung gemäß § 48 GwG aufgrund grober Fahrlässigkeit entfällt.
Darüber hinaus birgt das Urteil das Risiko, dass GWBs bei einer falschen Einschätzung der Sachlage strafrechtliche Konsequenzen drohen könnten. Sollte eine Transaktion nach Ablauf der Drei-Tages-Frist durchgeführt werden und sich später herausstellen, dass ein klarer Geldwäscheverdacht bestand, könnten sich GWBs der leichtfertigen Geldwäsche nach § 261 StGB schuldig machen.
Diese strafrechtlichen Risiken machen es unerlässlich, dass GWBs nicht nur die rechtlichen Vorgaben exakt einhalten, sondern auch eine detaillierte und nachvollziehbare Dokumentation ihrer Entscheidungen führen, um sich gegen mögliche Vorwürfe zu schützen und die Compliance des Unternehmens sicherzustellen.
Um eine konkrete Entscheidung für eine Transaktion zu dokumentieren, kann die folgende strukturierte Vorgehensweise angewendet werden. Hierbei wird die Business Judgment Rule berücksichtigt, um sicherzustellen, dass die Entscheidung sorgfältig und auf einer fundierten Basis getroffen wird. Ein T-Konto wird verwendet, um die „Pro“ und „Contra“-Argumente für die Entscheidung abzuwägen.
Pro (Für Anhalten der Transaktion) |
Contra (Gegen Anhalten der Transaktion) |
---|---|
Hoher Verdacht auf Geldwäsche | Mögliche negative Auswirkungen auf Kundenbeziehung |
Unvollständige Dokumentation | Geschäftliche Dringlichkeit der Transaktion |
Herkunft der Gelder aus Hochrisikoland | |
Ergebnis: Weitere Prüfung und Anhalten |
Durch diese sorgfältige Dokumentation wird sichergestellt, dass die Entscheidung nicht nur den rechtlichen Vorgaben entspricht, sondern auch im Sinne der Business Judgment Rule gut begründet und nachvollziehbar ist. Dies minimiert das Risiko einer Haftung oder eines späteren Vorwurfs, unzureichend gehandelt zu haben.
Nachdem die erste Entscheidung dokumentiert und die Transaktion gemäß § 46 GwG vorübergehend angehalten wurde, erfolgt nun die nächste Entscheidung zur Freigabe der Transaktion. Dieser Schritt setzt voraus, dass weitere Informationen eingegangen und geprüft wurden. Hier ist der Prozess zur Dokumentation der Freigabeentscheidung:
Pro (Für Freigabe der Transaktion) | Contra (Gegen Freigabe der Transaktion) |
---|---|
Vollständige und glaubwürdige Dokumentation | Herkunftsland bleibt ein Hochrisikogebiet |
Keine weiteren Verdachtsmomente | Risiko eines unbemerkten Betrugs |
Zeitnahe Klärung durch den Kunden | |
Anweisungen von FIU oder StA nicht erfolgt | |
Ergebnis: Transaktion kann freigegeben werden |
Diese sorgfältige Vorgehensweise gewährleistet, dass die Entscheidung zur Freigabe der Transaktion auf einer soliden Grundlage getroffen wird. Sie zeigt, dass die Geschäftsfähigkeit des Kunden respektiert wird, während gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden. Die Anwendung der Business Judgment Rule sorgt dafür, dass alle relevanten Faktoren abgewogen und dokumentiert werden, was im Falle einer späteren Überprüfung entscheidend ist.
Zielgruppe:
Programm:
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