Als Geschäftsführer trägst du nicht nur die Verantwortung für die Strategie und das operative Geschäft deines Unternehmens – du bist auch mit erheblichen persönlichen Haftungsrisiken konfrontiert. Die Gesetzgebung und Rechtsprechung verschärfen diese Risiken kontinuierlich. In diesem umfassenden Artikel erfährst du, welche Haftungsrisiken dich 2025 betreffen, wie aktuelle Urteile – insbesondere das BGH-Urteil vom Juli 2024 – deine Verantwortung ausweiten und welche Maßnahmen du ergreifen solltest, um dich und dein Unternehmen zu schützen.
Haftungsbereich | Aktuelle Anforderungen & Risiken |
---|---|
Pflichtverletzungen gem. § 43 GmbHG | Persönliche Haftung bei Fahrlässigkeit. Beweislastumkehr zu Lasten des Geschäftsführers. |
Sorgfaltspflicht & Geschäftsführung | Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Unternehmensführung, Steuererklärungen & CMS-Implementierung. |
BGH-Urteil Juli 2024 (II ZR 206/22) | Haftung für Insolvenzantragsversäumnis auch nach dem Ausscheiden aus der Geschäftsführung. |
Compliance-Management-System | Fehlendes oder unzureichendes CMS führt zur persönlichen Haftung – auch bei Fehlern Dritter. |
Lieferkettengesetz (LkSG) & ESG | Neue Haftung bei fehlender Risikoprüfung, Dokumentation & Prävention. Bußgelder & Ausschlussrisiken. |
Änderungen durch Omnibusverfahren | Sorgfaltspflichten reduziert auf direkte Zulieferer. Berichtspflichten entfallen, aber Prüfpflicht bleibt. |
Kartellrechtliche Verstöße | Haftung für Bußgelder und Aufklärungskosten. EuGH prüft persönliche Haftung für Unternehmensverstöße. |
Dokumentationspflicht | Fehlende Entscheidungsdokumentation kann im Haftungsfall negativ ausgelegt werden. |
Versicherungsschutz | Überprüfung und ggf. Anpassung der D&O-Versicherung dringend empfohlen. |
Als Geschäftsführer bist du nach § 43 GmbHG verpflichtet, die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Das bedeutet, du musst alle unternehmerischen Entscheidungen im besten Interesse der Gesellschaft treffen und dabei die gesetzlichen und vertraglichen Pflichten beachten. Kommt es zu Pflichtverletzungen, haftest du grundsätzlich persönlich für den entstandenen Schaden – und das bereits bei Fahrlässigkeit.
Die Gesellschaft muss im Streitfall lediglich nachweisen, dass ein Schaden durch dein Handeln oder Unterlassen entstanden ist. Die Beweislast, dass du pflichtgemäß gehandelt hast, liegt bei dir.
Deine Sorgfaltspflichten umfassen insbesondere:
Die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte
Die regelmäßige Überprüfung der finanziellen Lage
Die rechtzeitige und vollständige Abgabe von Steuererklärungen
Die Einrichtung und Überwachung eines angemessenen Compliance-Management-Systems
Verletzt du diese Pflichten, haftest du persönlich gegenüber der Gesellschaft, den Gesellschaftern und weiteren Stakeholdern. Besonders gravierend sind Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Insolvenzverschleppung und Compliance-Verstößen.
Das BGH-Urteil vom 23.07.2024 (II ZR 206/22) hat die Haftung für Geschäftsführer bei Insolvenzverschleppung deutlich verschärft.
Fortdauernde Haftung: Deine Haftung endet nicht automatisch mit dem Ausscheiden aus der Geschäftsführung. Wenn du während deiner Amtszeit die Insolvenzantragspflicht verletzt hast und dadurch eine fortbestehende Gefahrenlage geschaffen wurde, bleibst du auch nach deinem Ausscheiden haftbar.
Haftung für Neugläubiger: Du haftest nicht nur für Schäden, die während deiner Amtszeit entstehen, sondern auch für solche, die nach deinem Ausscheiden durch neue Verträge der insolventen Gesellschaft mit Neugläubigern entstehen, sofern die Pflichtverletzung ursächlich war5.
Eingeschränkte Entlastungsmöglichkeiten: Eine Entlastung ist nur möglich, wenn sich die Gesellschaft nach deiner Pflichtverletzung wieder nachhaltig erholt hat und erst später erneut insolvenzreif wird.
Praktische Konsequenz:
Du musst die wirtschaftliche Situation deines Unternehmens stets im Blick behalten und bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich Insolvenzantrag stellen. Ein Versäumnis kann dich noch Jahre nach deinem Ausscheiden teuer zu stehen kommen.
Ein weiteres zentrales Haftungsrisiko ist das Fehlen oder die Unzulänglichkeit eines Compliance-Management-Systems (CMS). Die Rechtsprechung verlangt von dir, dass du eine Unternehmensorganisation schaffst, die Rechtmäßigkeit und Effizienz gewährleistet.
Deine Pflichten:
Einrichtung eines CMS, das Rechtsverstöße im Unternehmen verhindert
Implementierung von Kontrollmechanismen (z.B. Vier-Augen-Prinzip)
Durchführung von Mitarbeiterschulungen
Einführung von Dokumentations- und Hinweisgebersystemen
Regelmäßige Überprüfung und Verbesserung des CMS
Haftungsfalle:
Unterlässt du diese Maßnahmen, bist du persönlich für daraus resultierende Schäden haftbar – auch wenn du die Verstöße nicht selbst begangen hast.
Seit 2023 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) für große Unternehmen, ab 2024 auch für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden. Als Geschäftsführer musst du sicherstellen, dass dein Unternehmen die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in der gesamten Lieferkette einhält.
Risiken:
Bußgelder bei Verstößen
Ausschluss von öffentlichen Aufträgen
Zivilrechtliche Haftung für Schäden in der Lieferkette
Deine Aufgabe:
Du musst Prozesse etablieren, um Risiken in der Lieferkette zu identifizieren, zu minimieren und zu dokumentieren. Kannst du nicht nachweisen, dich ausreichend mit der Rechtslage befasst und angemessene Maßnahmen ergriffen zu haben, haftest du persönlich für Schäden.
Reduzierung der Sorgfaltspflichten: Sorgfaltspflichten sollen sich künftig grundsätzlich auf direkte Geschäftspartner beschränken. Indirekte Zulieferer müssen nur noch anlassbezogen – also bei konkreten Hinweisen auf Risiken – in das Risikomanagement einbezogen werden.
Auch auf nationaler Ebene stehen grundlegende Änderungen an:
Abschaffung der Berichtspflicht: Die Berichtspflicht nach dem LkSG soll sofort entfallen. Die Sorgfaltspflichten bleiben bis zur Umsetzung der europäischen Richtlinie (CSDDD) bestehen, werden aber – mit Ausnahme massiver Menschenrechtsverletzungen – nicht mehr sanktioniert.
Neues Gesetz in Planung: Das LkSG soll durch ein „Gesetz über internationale Unternehmensverantwortung“ ersetzt werden, das die CSDDD in nationales Recht umsetzt. Bis dahin gelten die Sorgfaltspflichten des LkSG weiter, allerdings ohne die bisherige Sanktionsschärfe.
Eingeschränkter Anwendungsbereich: Künftig werden nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von über 450 Mio. Euro erfasst. Damit sinkt die Zahl der betroffenen Unternehmen deutlich.
Klarstellung zu Sorgfaltspflichten: Die Sorgfaltspflichten werden auf massive Menschenrechtsverletzungen fokussiert. Für andere Risiken entfällt die Sanktionierung, was die praktische Haftungslast für Geschäftsführer reduziert.
Neue EU-Verordnungen beachten: Parallel treten weitere EU-Regelungen in Kraft, etwa die EU-Batterieverordnung (ab August 2025), die EU-Entwaldungsverordnung (ab Dezember 2025) und die EU-Zwangsarbeitsverordnung (ab Dezember 2027). Diese verschärfen die Sorgfaltspflichten in bestimmten Branchen und Lieferketten.
Kartellverstöße sind ein weiteres gravierendes Haftungsrisiko. Kommt es zu einem Kartellverfahren, können gegen das Unternehmen und dich persönlich Bußgelder verhängt werden. Zudem haftest du für Aufklärungs- und Verteidigungskosten, wenn du deine organschaftlichen Pflichten verletzt hast7.
Offene Rechtsfrage:
Ob du als Geschäftsführer auch für Kartellbußgelder des Unternehmens persönlich in Regress genommen werden kannst, ist aktuell Gegenstand eines Verfahrens vor dem EuGH. Die Unsicherheit bleibt – und damit das Risiko7.
Die Tendenz in der Rechtsprechung geht eindeutig in Richtung Haftungsverschärfung. Das zeigt nicht nur das BGH-Urteil zur Insolvenzverschleppung, sondern auch Urteile wie im Wirecard-Prozess und die sogenannte „Neubürger-Rechtsprechung“ zur Compliance-Haftung.
Wichtige Lehren:
Du darfst dich nicht blind auf Kollegen oder Berater verlassen („Misstrauensprinzip“).
Die Business Judgment Rule schützt dich nur, wenn du auf einer soliden Informationsbasis entscheidest und existenzgefährdende Risiken erkennst und adressierst.
Bei unklaren Rechtsfragen musst du im Zweifel externen Rechtsrat einholen und deine Entscheidungen dokumentieren.
Deine Haftung als Geschäftsführer ist vielschichtig:
Zivilrechtliche Haftung: Gegenüber dem Unternehmen, aber auch gegenüber Dritten (z.B. Neugläubigern nach BGH-Urteil).
Strafrechtliche Haftung: Bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen, etwa Betrug, Untreue, Insolvenzverschleppung.
Bußgeldrechtliche Haftung: Bei Verstößen gegen das LkSG, Kartellrecht, Datenschutz, Geldwäscheprävention.
Verspätete oder unterlassene Insolvenzantragstellung
Fehlende oder mangelhafte Compliance-Organisation
Missachtung von Sorgfaltspflichten bei Finanzüberwachung und Steuererklärungen
Verstöße gegen das Lieferkettengesetz (LkSG)
Kartellrechtsverstöße und mangelnde Aufklärung
Blindes Vertrauen auf Kollegen oder Berater ohne eigene Prüfung
Fehlende Dokumentation von Entscheidungen
Unzureichende Schulung und Kontrolle der Mitarbeiter
1. Sorgfaltspflichten ernst nehmen:
Überwache die wirtschaftliche Lage deines Unternehmens kontinuierlich und reagiere bei Krisen sofort.
2. Compliance-Management etablieren:
Implementiere ein wirksames CMS, das auf die Risiken deines Unternehmens zugeschnitten ist. Dokumentiere alle Maßnahmen und schule deine Mitarbeiter regelmäßig.
3. Lieferkettenprozesse prüfen:
Stelle sicher, dass dein Unternehmen die Anforderungen des LkSG erfüllt. Führe Risikoanalysen und Präventionsmaßnahmen durch und dokumentiere alles sorgfältig.
4. Auf dem Laufenden bleiben:
Verfolge aktuelle Gesetzesänderungen und Rechtsprechung. Hole bei Unsicherheiten externen Rat ein.
5. Entscheidungen dokumentieren:
Halte alle wesentlichen Entscheidungen und deren Grundlage schriftlich fest. Das hilft im Haftungsfall bei der Beweisführung.
6. Frühzeitige Reaktion bei Krisen:
Stelle bei drohender Insolvenz sofort einen Insolvenzantrag. Warte nicht ab, bis die Situation sich verschärft – das kann dich Jahre später noch einholen.
7. Persönliche D&O-Versicherung prüfen:
Eine Directors & Officers-Versicherung kann im Ernstfall vor den finanziellen Folgen einer Haftung schützen. Prüfe, ob der Versicherungsschutz aktuell und ausreichend ist.
Das Omnibus-Verfahren und die geplanten Änderungen am LkSG führen dazu, dass die Haftungsrisiken für Geschäftsführer im Bereich Lieferketten-Compliance und ESG-Berichtspflichten insgesamt sinken, aber komplexer werden. Die Anforderungen konzentrieren sich künftig stärker auf große Unternehmen und direkte Zulieferer. Die zivilrechtliche Haftung wird auf nationale Regelungen beschränkt, die Berichtspflichten werden reduziert und die Umsetzungspflichten gestreckt.
Trotz der Erleichterungen solltest du das Risikomanagement und die Überwachung der Lieferkette nicht vernachlässigen. Denn bei konkreten Hinweisen auf Risiken – insbesondere bei massiven Menschenrechtsverletzungen – bleibst du weiterhin in der Verantwortung.
BGH-Urteil Juli 2024: Erhöhte Haftung für Geschäftsführer
https://compliance-advisor.de/bgh-urteil-juli-2024-erhoehte-haftung-fuer-geschaeftsfuehrer/
Welche Haftungsansprüche können gegen Geschäftsführer und Prokuristen geltend gemacht werden?
https://compliance-advisor.de/welche-haftungsansprueche-koennen-gegen-geschaeftsfuehrer-und-prokuristen-geltend-gemacht-werden/
Omnibus-Paket 2025: Erleichterungen bei CSRD und CSDDD
https://compliance-advisor.de/omnibus-paket-2025-erleichterungen-fuer-unternehmen-bei-csrd-und-csddd/
Omnibus Simplification Package der EU – Vereinfachung der ESG-Berichtspflichten
https://compliance-advisor.de/omnibus-simplification-package-der-eu-vereinfachung-der-esg-berichtspflichten/
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