Aus dem Risk Hub

Autor: Emma Collins
– Compliance & Risk Analyst (S+P Hub)
Emma Collins
schreibt über Compliance-Transformation, DORA und die AMLA-Reformen für Finanz- und Unternehmensverantwortliche. Sie unterstützt den S+P Compliance Hub mit Beiträgen zu regulatorischen Strategien und operativer Resilienz.

22. November 2025
Lesezeit: 5 Minuten

Auftretende Person: Umsetzung der Identifizierungspflichten nach § 11 Abs. 1 GwG

Beim Onboarding neuer Kunden (Know Your Customer / KYC) stellt das Geldwäschegesetz (GwG) klare Anforderungen an dich. Besonders komplex wird es oft, wenn nicht der Vertragspartner selbst, sondern eine auftretende Person (z.B. Bote, Bevollmächtigter) handelt.

Die Anforderungen an den Identifizierungsprozess sind in § 11 Abs. 1 GwG verschärft geregelt. Um GwG-konform zu handeln, musst du genau wissen, wann eine Person identifiziert werden muss und welche Dokumente erforderlich sind.

Dieser Artikel erklärt dir praxisnah:

  • Wie du die auftretende Person korrekt identifizierst.

  • Welche Nachweise für die Vertretungsbefugnis nötig sind.

  • Wie du die aktuellen GwG-Anforderungen in deinen KYC-Prozess integrierst.

Auftretende Person: Umsetzung der Identifizierungspflichten nach § 11 Abs. 1 GwG

Umsetzung von § 11 Abs. 1 GwG: Auftretende Person

Schritt Maßnahme Rechtsgrundlage
1. Onboarding Check Feststellung, ob Vertragspartner eine natürliche oder juristische Person ist. Identitätsprüfung per Ausweis oder Registerauszug. § 11 Abs. 4 GwG
2. Auftretende Person Identifizierung der handelnden Person. Prüfung der Vertretungsbefugnis durch Vollmacht und Unterschriftenvergleich. § 11 Abs. 1 GwG
3. Wirtschaftlich Berechtigter Feststellung und Verifizierung des wirtschaftlich Berechtigten, ggf. fiktiv als Geschäftsleitung. § 11 Abs. 5, § 3 Abs. 2 S.5 GwG
4. Transparenzregister-Abgleich Abgleich mit dem Transparenzregister. Einholen eines Nachweises oder Auszugs. Meldung von Unstimmigkeiten. § 11 Abs. 5, § 23a GwG
5. Aufzeichnungspflichten Erhebung und Speicherung aller relevanten Daten inkl. Ausweiskopien (datenschutzkonform). § 8 Abs. 1 und 2 GwG

Wer ist eine „auftretende Person“ nach § 11 GwG?

Eine auftretende Person ist jeder, der für einen anderen (den Vertragspartner) handelt. Das GwG unterscheidet hierbei genau, wann für dich eine Identifizierungspflicht besteht.

Wann musst du identifizieren? (BaFin Auslegungshinweise)

  • Vertreter bei Kontoeröffnung: Ein Prokurist eröffnet ein Firmenkonto für die GmbH? Ja, du musst identifizieren.

  • Gesetzlicher Vertreter: Eltern eröffnen ein Konto für ihr minderjähriges Kind? Ja, Identifizierung ist Pflicht.

  • Einzeltransaktion (Bote): Jemand zahlt mehr als 1.000 € bar für einen Dritten ein (ohne bestehende Geschäftsbeziehung)? Ja, du musst identifizieren.

  • Bote innerhalb bestehender Beziehung: Ein bekannter Mitarbeiter zahlt Bargeld auf das Firmenkonto seines Arbeitgebers ein? Nein, hier ist keine GwG-Identifizierung nötig (aber eine Vollmachtsprüfung).


Die Identifizierung: Was fordert das GwG konkret von dir?

Das Geldwäschegesetz schreibt in § 11 Abs. 4 vor, welche Daten du erheben und überprüfen musst.

A) Bei natürlichen Personen (auch auftretende Personen): Du musst folgende Daten erfassen: Vollständiger Name, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohnanschrift. Zur Prüfung lässt du dir einen gültigen amtlichen Ausweis (Personalausweis, Reisepass) vorlegen. Wichtig: Bei Reisepässen fehlt oft die Anschrift. Diese musst du erfragen. Eine Verifizierung per Meldebescheinigung ist nur nötig, wenn du Zweifel hast.

B) Bei juristischen Personen (Vertragspartner): Hier erfasst du: Firma, Rechtsform, Registernummer, Anschrift des Sitzes und die Namen der gesetzlichen Vertreter. Zur Prüfung nutzt du einen Auszug aus dem Handels- oder Genossenschaftsregister oder Gründungsdokumente.


Aufzeichnungspflichten & Datenschutz (§ 8 GwG)

Das GwG verpflichtet dich nicht nur zur Prüfung, sondern auch zur Dokumentation. Gemäß § 8 Abs. 1 GwG musst du alle erhobenen Angaben aufzeichnen.

  • Kopierpflicht: Du musst eine Kopie (oder einen Scan) der vorgelegten Ausweisdokumente anfertigen (§ 8 Abs. 2 GwG).

  • Datenschutz: Die Kopie darfst du nur für die GwG-Identifizierung nutzen. Nicht relevante Daten auf dem Ausweis darfst du schwärzen.

  • Aufbewahrung: Die Unterlagen musst du 5 Jahre aufbewahren.

Der wirtschaftlich Berechtigte & das Transparenzregister

Neben der auftretenden Person musst du immer klären: Wer steht wirtschaftlich hinter dem Kunden?

  • Identifizierung (§ 11 Abs. 5 GwG): Du musst mindestens den Namen des wirtschaftlich Berechtigten (UBO) erheben. Bei erhöhtem Risiko sind weitere Daten nötig.

  • Transparenzregister (§ 11 Abs. 5 GwG): Bei juristischen Personen musst du einen Auszug aus dem Transparenzregister einholen.

  • Unstimmigkeitsmeldung (§ 23a GwG): Weichen deine Ermittlungen von den Registerdaten ab, musst du dies der registerführenden Stelle melden.

Fazit: GwG-Prozesse sicher gestalten

Die korrekte Identifizierung der auftretenden Person ist ein kritischer Moment in deinem KYC-Prozess. Fehler an dieser Stelle führen oft zu Bußgeldern der BaFin. Sorge für klare Checklisten, die dir und deinen Mitarbeitern zeigen, wann eine Identifizierung nach § 11 GwG zwingend ist und wann eine einfache Legitimationsprüfung (Vollmacht) ausreicht.

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Identifizierungspflicht auftretender Personen – BaFin Auslegungshinweise Kapitel 5.1.2

Fallkonstellation Identifizierungspflicht Beispiele / Bemerkungen
Rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter bei Begründung einer Geschäftsbeziehung ✅ Ja Bevollmächtigter Dritter eröffnet Konto oder Depot für einen Kunden
Gesetzlicher Vertreter bei Begründung einer Geschäftsbeziehung ✅ Ja Eltern für Minderjährige, Betreuer, Organmitglied einer juristischen Person
Botin/Bote oder rechtsgeschäftlicher Vertreter bei Einzeltransaktionen (außerhalb bestehender Beziehung) ✅ Ja Bargeldeinzahlung oder Edelmetallkauf ab 1.000 € für Dritten
Kontoungebundene Zahlung ≥ 1.000 € für Dritten ✅ Ja Barzahlung in der Filiale für Dritten ohne Kontobezug
Bote/Berechtigter innerhalb bestehender Kundenbeziehung ❌ Nein Mitarbeiter des Kunden zahlt regelmäßig Bargeld auf Kundenkonto ein
Einzahlung oder Überweisung auf Konto des Vertragspartners durch Bevollmächtigte ❌ Nein Vollmacht oder einfache Berechtigung genügt; keine Identifizierung nötig
Online-Auftreten bei Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung ✅ Ja Digitale Vollmacht über Online-Plattform – gleiches Prüfmaß wie bei physischer Anwesenheit

FAQ: Auftretende Person (§ 11 GwG)

  • Wer gilt als auftretende Person?

    Als auftretende Person gilt jede natürliche Person, die im Rahmen einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung für den Vertragspartner handelt. Das kann ein gesetzlicher Vertreter (z. B. Geschäftsführer, Eltern) oder ein Bevollmächtigter (z. B. Prokurist, Bote) sein.

  • Muss ich jeden Boten identifizieren?

    Nein, nicht in jedem Fall.

    Beispiele:

    • Keine Identifizierung nötig: Ein Bote oder Mitarbeiter zahlt Geld auf ein bereits bestehendes Konto des Vertragspartners ein. Es muss nur die Berechtigung (Vollmacht) geprüft werden.
    • Identifizierung nötig: Der Bote handelt außerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung, z. B. bei einer Bareinzahlung über 1.000 € für Dritte.
  • Muss ich den Ausweis kopieren?

    Ja. Nach § 8 Abs. 2 GwG bist du verpflichtet, eine Kopie oder einen Scan der zur Identifizierung vorgelegten Dokumente (Personalausweis, Reisepass etc.) anzufertigen und aufzubewahren.

  • Was mache ich, wenn im Reisepass keine Adresse steht?

    Wenn du einen Reisepass zur Identifizierung nutzt, musst du die Anschrift erfragen. Eine zusätzliche Verifizierung (z. B. Meldebescheinigung) ist nicht erforderlich, solange keine Zweifel an der Richtigkeit bestehen.

  • Gilt die Identifizierungspflicht auch online?

    Ja. Auch bei Online-Geschäftsbeziehungen muss die auftretende Person identifiziert werden. Zulässige Verfahren sind u. a.:

    • Video-Ident
    • eID-Verfahren (elektronischer Personalausweis)

    Beide gelten als gleichwertig zur persönlichen Anwesenheit.

  • Wie lange muss ich die Daten aufbewahren?

    Alle erhobenen Angaben und Kopien sind 5 Jahre aufzubewahren (§ 8 GwG). Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Geschäftsbeziehung endet. Danach müssen die Daten unverzüglich gelöscht werden.

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