Der EU AI Act ist da: Was du als Compliance-Verantwortliche:r jetzt wissen musst

Der EU AI Act ist mehr als nur ein neues Gesetz; er ist die größte Compliance-Herausforderung (und Chance) für dein Unternehmen seit der DSGVO. Die Verordnung ist final, die Fristen laufen.

Während viele noch über die Technologie staunen, hat die EU Fakten geschaffen. Für dich als Compliance-Verantwortliche:r bedeutet das: Abwarten ist keine Option. Es ist Zeit zu handeln. Aber was genau kommt da auf dich zu?

Das Ziel des EU AI Act: Vertrauen & Wettbewerbsfähigkeit

Der EU AI Act will zwei (scheinbar) gegensätzliche Ziele erreichen:

  1. Bürger & Grundrechte schützen: Das Vertrauen in KI soll durch klare Regeln und den Schutz vor Risiken (wie Diskriminierung oder Manipulation) gestärkt werden.

  2. Innovation & Wettbewerbsfähigkeit fördern: Gleichzeitig soll Europa ein führender Standort für „Trusted AI“ werden. Klare Regeln geben Unternehmen Rechtssicherheit für Investitionen.

Um das zu erreichen, folgt der Act einem risikobasierten Ansatz. Und genau hier kommst du ins Spiel.

EU setzt neue Maßstäbe im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

EU AI Act in der Praxis: Von der Theorie zu deinem To-Do

Der EU AI Act ist mehr als ein Gesetz – er ist dein Umsetzungsplan für eine sichere und auditierbare KI-Nutzung. Diese Tabelle zeigt dir, wie du als AI Compliance Officer die Theorie (Risikoklassen) in konkrete Maßnahmen überführst.

Anwendungsfall (Praxisbeispiel) Risikoklasse (Theorie) Dein zentrales To-Do als AI-CO (Umsetzung)
Bewerber-Screening
Automatisierte Vorauswahl von Lebensläufen
⚠️ Hochrisiko
(Anhang III, Nr. 4a)
Bias-Analyse & Aufsicht: Führe ein Bias-Audit durch (Art. 9) und richte einen Prozess zur menschlichen Aufsicht (Art. 14) ein.
ChatGPT im Kundenservice
GenAI beantwortet Kundenanfragen
🟡 Begrenztes Risiko
(Art. 52)
Transparenz-Pflicht: Stelle sicher, dass Nutzer informiert werden, wenn sie mit einer KI interagieren (z. B. Hinweis „Antwort KI-generiert“).
KI im Kreditrisiko-Scoring
Automatische Bonitätsbewertung
⚠️ Hochrisiko
(Anhang III, Nr. 5b)
Daten-Governance & Doku: Prüfe Trainingsdaten auf Repräsentativität (Art. 10) und halte die technische Dokumentation (Art. 11) für Audits bereit.
KI-generierte Marketingbilder
Nutzung von Midjourney, DALL·E etc.
🟡 Begrenztes Risiko
(Art. 52)
Kennzeichnung & Urheberrecht: Sorge für die Kennzeichnung („KI-generiert“) und prüfe die Lizenzbedingungen der Anbieter, um IP-Risiken zu vermeiden.
Interne Prozessautomatisierung
z. B. KI-basierte Rechnungsfreigabe
Minimales Risiko
(Keine Sonderpflichten)
Dokumentation: Erfasse das System im AI Risk Register, um die „Minimal“-Einstufung aktiv zu dokumentieren und nachzuweisen.

Fazit: Mit dieser To-Do-Struktur wandelst du die abstrakten Anforderungen des EU AI Act in konkrete, prüfbare Schritte um – und positionierst dich als Enabler für Trusted AI im Unternehmen.


Dein Fokus: Die 4 Risikoklassen des AI Act

Der Act teilt alle KI-Systeme in vier Kategorien ein. Deine erste Aufgabe wird es sein, jedes KI-Tool in deinem Unternehmen einer dieser Klassen zuzuordnen.

🚫 Unakzeptables Risiko (Verboten) Diese Systeme stellen eine klare Bedrohung für Grundrechte dar und werden (mit wenigen Ausnahmen) verboten.

  • Beispiele: Social Scoring durch Staaten, manipulative Techniken (z.B. Spielzeug, das gefährliches Verhalten fördert), bestimmte „Real-Time“ biometrische Erkennung im öffentlichen Raum.

⚠️ Hohes Risiko (Dein Hauptjob!) Hier liegt der Kern deiner zukünftigen Arbeit. Hochrisiko-Systeme sind nicht verboten, müssen aber extrem strenge Auflagen erfüllen, bevor sie auf den Markt kommen oder genutzt werden.

  • Beispiele: KI im Recruiting (Bewerber-Screening), in der Kreditwürdigkeitsprüfung, in medizinischen Geräten oder in kritischen Infrastrukturen.

  • Deine Pflichten hier: Diese Systeme erfordern ein Konformitätsbewertungsverfahren, ein robustes Risikomanagement (Art. 9), lückenlose technische Dokumentation, menschliche Aufsicht (Art. 14) und vieles mehr.

🟡 Begrenztes Risiko (Transparenzpflicht) Systeme, bei denen ein Manipulationsrisiko besteht, müssen Nutzer klar informieren.

  • Beispiele: Chatbots oder GenAI-Systeme (wie ChatGPT). Nutzer müssen wissen, dass sie mit einer KI interagieren. Deepfakes müssen als künstlich generiert gekennzeichnet werden (Art. 52).

  • Dein Bezug: Das ist die Kernherausforderung, die wir in unserem Praxisfall GenAI behandeln.

Minimales Risiko Das ist die große Mehrheit aller KI-Anwendungen.

  • Beispiele: Spam-Filter, KI-gesteuerte Videospiele, einfache Inventar-Management-Systeme.

  • Deine Pflichten hier: Keine zusätzlichen Regulierungen. Hier gilt „business as usual“.


Was das für dein Unternehmen bedeutet

Die Einhaltung des EU AI Act ist kein reines IT-Thema. Es ist ein zentrales Governance-, Risiko- und Compliance-Thema.

Du musst jetzt Prozesse aufsetzen, um alle KI-Systeme zu identifizieren und zu bewerten. Du brauchst ein zentrales AI Risk Register, um den Überblick zu behalten, und du musst klären, wer im Unternehmen die Verantwortung (die „Rollen“) für diese Systeme trägt.

Das ist eine massive Herausforderung, besonders für den Mittelstand. Aber es ist auch eine Chance: Unternehmen, die „AI Compliance“ nachweisen können, erlangen einen immensen Vertrauensvorsprung bei Kunden und Partnern.


Fazit: Der AI Act ist eine Deadline – und dein Startschuss

Der EU AI Act ist keine ferne Zukunftsmusik, sondern ein konkreter Handlungsauftrag. Die Verordnung schafft eine neue, hoch anspruchsvolle Schlüsselrolle an der Schnittstelle von Recht, IT und Management.

Unternehmen, die jetzt abwarten, riskieren nicht nur Bußgelder, sondern auch den Verlust von Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen, die jetzt handeln, setzen den Standard für „Trusted AI“.

Die Frage ist: Bist du bereit, diese Verantwortung zu übernehmen und dein Unternehmen zukunftssicher aufzustellen?


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