Prokura in Deutschland, Österreich und der Schweiz – was du unbedingt wissen musst

Einheitliche Grundlagen, aber unterschiedliche Ausprägungen

Die Prokura ist in allen drei DACH-Ländern ein zentrales Instrument der Unternehmensvertretung. Sie schafft Klarheit über Vertretungsbefugnisse und stärkt die Handlungsfähigkeit von Führungskräften. Gleichzeitig gibt es Unterschiede in den jeweiligen Rechtsordnungen, die gerade für international tätige Unternehmen relevant sind. Während die Grundlagen vergleichbar sind, variieren Eintragungspflichten, Formvorschriften und Haftungsfragen zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Prokura in der DACH-Region

Alle Informationen zum Prokuristen auf einen Blick

Überblick über Rechte, Pflichten, Haftung und praxisnahe Beispiele – kompakt auf einer Seite.


Deutschland (HGB)

In Deutschland ist die Prokura in den §§ 48 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt.
Wesentliche Punkte:

  • Eintragung ins Handelsregister: Prokura entsteht mit der Erteilung durch den Geschäftsinhaber, wird aber erst durch die Eintragung ins Handelsregister nach außen wirksam.

  • Arten der Prokura: Einzelprokura, Gesamtprokura und Filialprokura sind gesetzlich vorgesehen.

  • Zeichnungsweise: Der Prokurist muss mit dem Zusatz „ppa“ unterzeichnen.

  • Einschränkungen: Grundlegende Entscheidungen wie die Veräußerung des Unternehmens oder die Anmeldung zum Handelsregister bleiben der Geschäftsführung vorbehalten.


Österreich (UGB)

In Österreich ist die Prokura in den §§ 48 ff. Unternehmensgesetzbuch (UGB) geregelt und ähnelt stark der deutschen Regelung.
Besonderheiten:

  • Eintragung: Auch hier ist die Eintragung ins Firmenbuch erforderlich.

  • Filialprokura: Anders als in Deutschland kann die Prokura auf bestimmte Niederlassungen beschränkt werden.

  • Geschäftsordnung: Unternehmen nutzen in der Praxis häufig interne Geschäftsordnungen, um die Ausübung der Prokura klarer zu definieren.

  • Verwendung: Besonders in mittelständischen Unternehmen weit verbreitet, auch zur Entlastung der Geschäftsführung.


Schweiz (OR)

In der Schweiz regelt das Obligationenrecht (OR) die Prokura, insbesondere Art. 458–465 OR.
Besonderheiten:

  • Flexiblere Gestaltung: Prokura kann frei erteilt werden, eine Eintragung im Handelsregister ist vorgeschrieben.

  • Zeichnungsberechtigung: Üblicherweise gemeinsam mit einem weiteren Prokuristen oder Geschäftsführer, doch es gibt mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Zeichnungsrechte.

  • Umfang: Umfasst alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.

  • Form: Unterzeichnung mit dem Zusatz „ppa“ oder „per procura“.


Praxisvergleich: Einzel- vs. Gesamtprokura in DE/AT/CH

Land Einzelprokura Gesamtprokura
Deutschland (HGB) Zulässig, mit vollem Vertretungsrecht Zwei oder mehr Prokuristen müssen gemeinsam handeln
Österreich (UGB) Zulässig, ähnlich DE Üblich in größeren Unternehmen; auch Filialprokura möglich
Schweiz (OR) Zulässig, Flexibilität bei Zeichnungsberechtigung Häufige Praxis in Konzernen und Banken, flexible Gestaltung

Use Case: Fehlerfall – „ppa“ ohne Eintragung

Problem Risiko Lösung
Unterschrift mit „ppa“ vor Eintragung Rechtsgeschäft nach außen unwirksam Eintragung sofort nachholen, Vertrag neu unterzeichnen
Keine Info an Partner/Bank Ablehnung von Dokumenten Eintragung belegen, klar kommunizieren
Vertrag ohne gültige Vollmacht Schadenersatzansprüche möglich GF genehmigt nachträglich, künftig Registerauszug prüfen

Fazit: Worauf Unternehmen achten müssen

Die Prokura ist in allen drei DACH-Staaten ein starkes rechtliches Instrument – doch die Unterschiede im Detail können für international tätige Unternehmen Stolpersteine sein.

  • Deutschland: Klare Regelungen und strenge Handelsregisterpflicht.

  • Österreich: Nähe zu Deutschland, aber zusätzliche Möglichkeiten wie die Filialprokura.

  • Schweiz: Flexibler, aber sorgfältige Abstimmung bei der Zeichnungsberechtigung notwendig.

Empfehlung: Unternehmen mit grenzüberschreitenden Strukturen sollten ihre Prokuristenregelungen prüfen und auf Konsistenz achten. Für Prokuristen selbst lohnt es sich, die Besonderheiten der jeweiligen Rechtsordnung zu kennen – besonders dann, wenn der nächste Karriereschritt in Richtung Geschäftsführung geht.


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Weiterführende Themen zum Prokuristen

Die Prokura berührt viele Bereiche – von rechtlichen Grundlagen über finanzielle Fragen bis hin zu Karriereperspektiven. Auf den folgenden Seiten findest du vertiefende Informationen, die dir im Arbeitsalltag und bei strategischen Entscheidungen weiterhelfen.

FAQ: Prokura in Deutschland, Österreich & der Schweiz (DACH)

  • Ist die Prokura in Deutschland, Österreich und der Schweiz identisch geregelt?

    Nein, nicht identisch, aber sehr ähnlich. Das Grundkonzept einer umfassenden, eingetragenen handelsrechtlichen Vollmacht existiert in allen drei Ländern. Es gibt jedoch Unterschiede in den jeweiligen nationalen Gesetzen (HGB in DE, UGB in AT, OR in CH), insbesondere bei Details zu Umfang, Erteilung, Eintragung und spezifischen Befugnissen oder Ausschlüssen.

  • Was sind die wesentlichen Gemeinsamkeiten der Prokura im DACH-Raum?

    Gemeinsamkeiten sind:

    • Umfassende Vollmacht: Ermächtigt zu (fast) allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften eines Handelsgewerbes.
    • Erteilung nur durch Kaufmann/Unternehmer: Kann nur vom Inhaber des Unternehmens oder dessen gesetzlichen Vertretern erteilt werden.
    • Eintragungspflicht: Die Prokura muss im jeweiligen Register (Handelsregister in DE/CH, Firmenbuch in AT) eingetragen werden und ist erst ab Eintragung wirksam.
    • Grundsatz der Unbeschränkbarkeit im Außenverhältnis: Interne Beschränkungen sind Dritten gegenüber meist unwirksam.
    • Zeichnung mit Zusatz: Der Prokurist zeichnet mit einem Zusatz (z.B. „ppa.“, „per procura“).
  • Gibt es nennenswerte Unterschiede zwischen den Ländern?

    Ja, Detailunterschiede können bestehen, z.B. bei:

    • Veräußerung/Belastung von Grundstücken: In Deutschland ist dafür eine besondere Befugnis nötig (§ 49 Abs. 2 HGB), die Regelungen in AT und CH können abweichen.
    • Prinzipalgeschäfte: In Deutschland darf der Prokurist das Unternehmen nicht selbst verkaufen oder auflösen. Ähnliche Grundsätze gelten in AT und CH, aber die genaue Abgrenzung kann variieren.
    • Spezifische Arten der Prokura: Z.B. kann die Ausgestaltung der Filialprokura oder die genaue Definition der Gesamtprokura leicht unterschiedlich sein.
    • Formvorschriften: Details bei der Anmeldung zur Eintragung können differieren.
    Es ist wichtig, bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten die jeweilige nationale Rechtslage genau zu prüfen.
  • Wie heißen die relevanten Gesetze in den DACH-Ländern?

    • Deutschland: Handelsgesetzbuch (HGB), §§ 48 ff.
    • Österreich: Unternehmensgesetzbuch (UGB), §§ 48 ff.
    • Schweiz: Obligationenrecht (OR), Art. 458 ff.
  • Wird der Begriff „Prokurist“ in allen drei Ländern verwendet?

    Ja, der Begriff „Prokurist“ (bzw. „Prokuristin“) und „Prokura“ ist in allen drei deutschsprachigen Ländern gebräuchlich und gesetzlich verankert.

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