Konflikte entstehen nicht über Nacht, sondern entwickeln sich häufig langsam und schleichend. Häufig werden Unstimmigkeiten über längere Zeiträume hinweg ignoriert oder nicht ausreichend angesprochen. Doch dies kann zu schwerwiegenden Problemen führen. Konflikte, die nicht zeitnah bearbeitet werden, neigen dazu, sich zu verfestigen und die Zusammenarbeit im Team zu beeinträchtigen. Die Folge: Eskalation, Missverständnisse und oft auch sinkende Arbeitsmotivation.
Wenn du als Führungskraft Konflikte frühzeitig erkennst und proaktiv damit umgehst, kannst du nicht nur negative Auswirkungen minimieren, sondern auch das Vertrauen und die Zusammenarbeit im Team fördern. Konfliktlösung wird dann zu einer wertvollen Gelegenheit, die Arbeitsatmosphäre und die Effektivität deines Teams zu verbessern. Je früher ein Konflikt erkannt wird, desto weniger Energie und Aufwand ist erforderlich, um ihn zu lösen.
Die vier Grundtendenzen nach Fritz Riemann – und warum sie Konflikte beeinflussen
Fritz Riemann, ein deutscher Psychologe, hat vier grundlegende menschliche Tendenzen beschrieben, die stark auf das Konfliktverhalten einwirken:
-
Erneuerer: Erneuerer streben nach Veränderung und Innovation. Sie sind offen für neue Ideen und suchen stets nach Wegen, Dinge zu verbessern.
-
Bewahrer: Bewahrer bevorzugen Stabilität und Vertrautheit. Sie schätzen Routine und sind in der Regel weniger offen für Veränderungen.
-
Einzelkämpfer: Einzelkämpfer legen großen Wert auf Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Sie fühlen sich von zu viel Nähe oder Zusammenarbeit oft eingeengt.
-
Team-Spieler: Team-Spieler suchen Gemeinschaft und Zugehörigkeit. Sie sind auf Zusammenarbeit und harmonische Beziehungen bedacht.
Konflikte entstehen häufig dann, wenn diese unterschiedlichen Grundtendenzen aufeinandertreffen. Ein Erneuerer könnte sich von einem Bewahrer in seiner Innovationskraft gebremst fühlen, während ein Einzelkämpfer möglicherweise die Nähe eines Team-Spielers als aufdringlich empfindet. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse und Perspektiven führen oft zu Missverständnissen und Konflikten. Führungskräfte sollten diese unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmale im Team erkennen und ansprechen, um ein besseres Verständnis und eine produktive Zusammenarbeit zu fördern.
Konflikte erkennen – Die „Konflikt-Antenne“ schärfen
Als Führungskraft ist es entscheidend, frühzeitig Anzeichen für Konflikte zu erkennen. Oft sind es subtile Signale, die auf aufkommende Probleme hinweisen. Achte auf folgende Indikatoren:
-
Veränderungen im Verhalten: Wenn ein Mitarbeiter plötzlich zurückhaltend oder gereizt wirkt, könnte dies auf einen Konflikt hinweisen.
-
Körpersprache: Versteckte Anzeichen wie verschränkte Arme, Augenkontakt vermeiden oder häufiges Seufzen können auf Unzufriedenheit oder Anspannung hinweisen.
-
Stimmungen und Kommunikation: Häufige Missverständnisse oder eine Abnahme der Kommunikationsbereitschaft sind oft ein Hinweis auf unerledigte Konflikte.
-
Feedback einholen: Regelmäßige Feedbackgespräche sind wichtig, um frühzeitig die Stimmung im Team aufzugreifen. Frage deine Mitarbeiter auch, wie sie das Arbeitsumfeld und die Zusammenarbeit erleben.
Außerdem hilft es, sich selbst kritisch zu hinterfragen:
-
Was stört mich an anderen und warum?
-
Was stört mich an mir selbst?
-
Welche eigenen Muster bringe ich immer wieder in Konfliktsituationen ein?
Das Erkennen von Konflikten beginnt also nicht nur mit dem Beobachten der anderen, sondern auch mit der Selbstreflexion. Indem du deine eigenen Reaktionen und Verhaltensweisen in Konfliktsituationen verstehst, kannst du viel effektiver handeln und eine Lösung finden.
Konflikte konstruktiv ansprechen und lösen – Schritt für Schritt
1. Wahrnehmen und ansprechen
Der erste Schritt bei der Konfliktlösung ist, den Konflikt wahrzunehmen und anzusprechen. Dabei ist es wichtig, Konflikte nicht zu bagatellisieren oder zu ignorieren. Eine frühzeitige, respektvolle Ansprache verhindert, dass die Situation eskaliert.
-
Tipp: Achte darauf, dass du in Konfliktsituationen nicht einfach „unter den Teppich kehrst“, sondern aktiv das Gespräch suchst.
2. Spielregeln etablieren
Es ist wichtig, klare Spielregeln für Konfliktgespräche zu vereinbaren. Vereinbare beispielsweise, dass jeder ausreden darf und dass gegenseitiges Zuhören verpflichtend ist. Das schafft ein respektvolles Gesprächsklima und verhindert, dass Emotionen die Kommunikation dominieren.
-
Tipp: Formuliere Regeln wie „Wir hören einander zu“ oder „Keine Schuldzuweisungen“ – und halte dich selbst konsequent daran.
3. Gesprächsziele klären
Mache klar, dass es dir nicht darum geht, Schuldige zu finden, sondern gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten. Zeige, dass du an einem positiven Ausgang interessiert bist und nicht an der Schuldzuweisung.
-
Tipp: „Unser Ziel ist es, eine Lösung zu finden, die für alle Seiten akzeptabel ist.“
4. Konflikt analysieren
Analysiere zusammen mit den beteiligten Personen die Ursachen des Konflikts. Was sind die wahren Auslöser? Welche Perspektiven gibt es und wie können diese zu einer gemeinsamen Lösung führen?
-
Tipp: Kläre, ob es sich um Missverständnisse handelt oder ob unterschiedliche Werte oder Ziele aufeinanderprallen.
5. Konsequente Klärung
Vermeide schnelle Kompromisse oder Harmonisierung, die dem Konflikt nicht gerecht wird. Achte darauf, dass alle Beteiligten eine ehrliche Aussprache haben und die Lösung auch wirklich im Sinne aller ist.
-
Tipp: Nimm dir Zeit für eine vollständige Klärung, auch wenn es zunächst unangenehm ist.
6. Würde wahren
Sorge dafür, dass jeder die Gelegenheit hat, sich ohne Angst oder Scham auszudrücken. Niemand sollte in einem Konfliktgespräch „sein Gesicht verlieren“.
-
Tipp: Fördere eine Atmosphäre, in der alle sich sicher und respektiert fühlen.
7. Eigene Befindlichkeit reflektieren
Erkenne und kommuniziere deine eigenen Emotionen offen. Nur wenn du deine eigenen Gefühle wahrnimmst und mitteilst, kannst du authentisch kommunizieren.
-
Tipp: „Ich fühle mich in dieser Situation etwas überfordert, aber ich möchte sicherstellen, dass wir zu einer Lösung kommen.“
Dos & Don’ts in der Konfliktklärung
Dos:
-
Sei respektvoll und wertschätzend: Achte darauf, wie du sprichst und welche Körpersprache du verwendest.
-
Nutze die Möglichkeit, externe Hilfe zu suchen: Wenn der Konflikt zu verhärtet ist, kann es sinnvoll sein, einen Mediator oder Coach hinzuzuziehen.
-
Halte Gesprächspausen ein: Wenn Emotionen hochkochen, ist es wichtig, Raum für eine Pause zu lassen, um eine Eskalation zu vermeiden.
-
Reflektiere regelmäßig: Schau dir die Konflikte im Team an und überlege, wie solche Situationen künftig vermieden oder besser gelöst werden können.
Don’ts:
-
Vermeide Schuldzuweisungen: Schuldzuweisungen blockieren jede konstruktive Lösung.
-
Vermeide Ironie und abwertende Körpersprache: Diese führen nur zu mehr Widerstand und Missverständnissen.
-
Vermeide schnelle Kompromisse: Wenn eine echte Lösung notwendig ist, sollte man sich Zeit nehmen und keine halben Sachen machen.
Fazit: Konfliktmanagement ist eine essentielle Führungsaufgabe
Konflikte können nicht vermieden werden, aber sie können positiv genutzt und produktiv gelöst werden. Als Führungskraft ist es deine Aufgabe, Konflikte frühzeitig zu erkennen, die Ursachen zu analysieren und Lösungen zu finden. Indem du die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen und Bedürfnisse im Team wahrnimmst und respektvoll kommunizierst, trägst du dazu bei, dass Konflikte nicht nur gelöst, sondern als Chance für Teamentwicklung und persönliche Weiterentwicklung genutzt werden.
Vertiefung: Willst du deine Konfliktlösungsfähigkeiten weiter ausbauen?
Möchtest du als Führungskraft noch gezielter lernen, wie du Konflikte frühzeitig erkennst, sie konstruktiv ansprichst und deine Teamdynamik langfristig stärkst? Dann ist unser Leadership-Lehrgang genau das Richtige für dich! Hier vermitteln wir praxisnahe Methoden und Strategien, die dir helfen, als Führungskraft in herausfordernden Situationen souverän zu agieren und dein Team zu einer noch effektiveren Zusammenarbeit zu führen.