Praxisfall GenAI: Wie du als AI Compliance Officer die sichere Einführung von ChatGPT, Copilot & Co. in deinem Unternehmen steuerst

Deine Mitarbeiter nutzen bereits generative KI – ob erlaubt oder nicht. Ein Verbot ist unrealistisch, eine unkontrollierte Nutzung brandgefährlich. Als AI Compliance Officer bist du der Schlüssel, um die enormen Potenziale von GenAI sicher zu heben.

Im ersten Artikel haben wir die strategische Notwendigkeit des AI Compliance Officers (AI-CO) im Licht des EU AI Acts beleuchtet. Jetzt steigen wir direkt in den dringendsten Anwendungsfall ein, der aktuell in jedem Unternehmen – und vielleicht auch schon bei dir – für Unsicherheit sorgt: Generative KI.

Tools wie ChatGPT, Microsoft Copilot oder Midjourney sind keine Zukunftsmusik mehr, sie sind gelebte „Schatten-IT“. Deine Mitarbeiter wollen effizienter arbeiten und nutzen die Tools – oft über private Accounts und ohne Freigabe. Für dich als Compliance-Verantwortliche:r ist das ein Alptraum. Ein pauschales Verbot ist jedoch der falsche Weg, denn es blockiert Innovation und wird ohnehin umgangen.

Die Lösung: Du agierst als AI-CO nicht als „Verhinderer“, sondern als „Wegbereiter“ (Enabler). Du schaffst einen sicheren Rahmen, damit dein Unternehmen die Potenziale von GenAI heben kann, ohne untragbare Risiken einzugehen.

Die 3 größten GenAI-Risiken, die du als AI-CO sofort managen musst

Bevor du die Potenziale hebst, musst du die Risiken klar benennen. Für dich als AI-CO stehen drei Bereiche im Fokus:

1. Risiko: Datenabfluss und Geheimnisverrat Das größte Risiko ist der unkontrollierte Abfluss sensibler Daten. Wenn deine Mitarbeiter interne Strategiepapiere, Quellcode, Kundendaten oder vertrauliche HR-Informationen in die öffentliche Version von ChatGPT kopieren, werden diese Daten potenziell zum Training der Modelle verwendet oder könnten bei einem Datenleck des Anbieters offengelegt werden.

  • Compliance-Bezug: Verstoß gegen DSGVO, Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) und vertragliche NDA-Pflichten.

2. Risiko: Urheberrecht und geistiges Eigentum (IP) Die Rechtslage bei KI-generierten Inhalten ist komplex. Nutzt dein Unternehmen GenAI-Bilder, -Texte oder -Code, stellt sich die Frage: Wem gehört der Output? Und noch wichtiger: Wurde das Modell mit urheberrechtlich geschütztem Material trainiert, und könnte der Output ein Plagiat oder eine Rechtsverletzung darstellen?

  • Compliance-Bezug: Risiko von Abmahnungen, Schadensersatzforderungen und Verlust des eigenen IP-Schutzes.

3. Risiko: Halluzinationen, Bias und Transparenz (Art. 52 EU AI Act) Generative KI „halluziniert“ – sie erfindet Fakten, Quellen und Informationen, die plausibel klingen, aber falsch sind. Werden diese ungeprüft in Berichten oder gar in der Kundenkommunikation verwendet, droht ein massiver Reputationsschaden. Zudem können Modelle unbewusste Vorurteile (Bias) aus ihren Trainingsdaten reproduzieren.

  • Compliance-Bezug: Der EU AI Act fordert in Art. 52 explizite Transparenzpflichten. Nutzer müssen wissen, wenn sie mit einer KI interagieren. KI-generierte Inhalte („Deepfakes“, aber auch Texte) müssen als solche gekennzeichnet werden.

KI-Compliance: Do’s & Don’ts im Unternehmensalltag

✅ Das MUSST du tun (Must-Do) ❌ Das DARFST du NIE tun (Don’t)
Nur freigegebene Tools nutzen (z. B. den Enterprise-Account des Unternehmens). Private oder öffentliche Gratis-Tools mit Unternehmensdaten füttern.
Jeden Output prüfen (Faktencheck!). Behandle KI-Ergebnisse als Rohentwurf. Personenbezogene Daten (Namen, E-Mails, HR-Infos) eingeben.
KI-Inhalte kennzeichnen, wenn sie extern verwendet werden (gem. Art. 52). Geschäftsgeheimnisse (Finanzzahlen, Strategien, Quellcode) eingeben.
Urheberrecht prüfen, bevor du KI-Code oder -Bilder in Produkte integrierst. Intern als „vertraulich“ eingestufte Dokumente hochladen.

Deine 2 zentralen Werkzeuge als AI-CO im GenAI-Management

Um diese Risiken zu steuern, setzt du als AI-CO zwei Hebel an: eine sofort wirksame Policy und einen strategischen Governance-Prozess.


1. Die Sofortmaßnahme: Die „GenAI Use Policy“

Du musst die „Schatten-IT“ sofort durch klare Regeln eindämmen. Eine schlanke, verständliche „Interims-Policy“ ist dein erster Schritt. Sie dient als Leitplanke, während du im Hintergrund die strategische Tool-Auswahl vorbereitest.

Beispiel-Bausteine einer „GenAI Use Policy“:

A. Grundsatz: „Freigabe vor Nutzung“

  • Die Nutzung von GenAI-Tools für berufliche Zwecke ist nur mit freigegebenen „Enterprise-Versionen“ (z.B. Microsoft Copilot im Unternehmens-Tenant, ChatGPT Enterprise) erlaubt, bei denen der Anbieter vertraglich zusichert, die Daten nicht für Trainingszwecke zu nutzen.

  • Die Nutzung privater oder öffentlicher Gratis-Tools mit Unternehmensdaten ist strengstens untersagt.

B. Der „Don’t“-Katalog: Was niemals eingegeben werden darf

  • Keine personenbezogenen Daten (Namen, E-Mails, HR-Infos etc.).

  • Keine Geschäftsgeheimnisse (Strategien, Finanzzahlen, Quellcode, Kundendetails).

  • Keine internen Dokumente, die als „vertraulich“ oder „intern“ eingestuft sind.

C. Der „Must-Do“-Katalog: Pflichten bei der Nutzung

  • Faktencheck-Pflicht: Jeder Output eines KI-Modells (Texte, Zahlen, Code) muss vor der Weiterverwendung von einem Menschen auf sachliche Korrektheit geprüft werden. „Blindes Copy & Paste“ ist verboten.

  • Kennzeichnungspflicht (Transparenz): Werden KI-generierte Inhalte (insb. Bilder, Audio oder Videos) extern verwendet, müssen sie als „KI-generiert“ gekennzeichnet werden (gem. Art. 52 EU AI Act).

  • Urheberrechts-Prüfung: Bei der Nutzung von KI-generiertem Code oder Bildern für Produkte ist eine zusätzliche rechtliche Prüfung (IP-Check) erforderlich.


2. Die strategische Lösung: Supplier & Tool Governance

Ein Verbot ist keine Strategie. Du arbeitest als AI-CO daher proaktiv mit IT und Einkauf daran, sichere Tools zu beschaffen. Du nutzt die im ersten Artikel erwähnte „AI Supplier & Third-Party Governance“ (vgl. Art. 25 & 28 EU AI Act).

Bei der Auswahl eines externen GenAI-Dienstleisters stellst du die entscheidenden Compliance-Fragen:

Checkliste: 5 Compliance-Fragen an GenAI-Anbieter

  1. Datennutzung (Training): Garantiert der Anbieter vertraglich, dass unsere Prompts und Daten (Inputs & Outputs) nicht zum Training seiner globalen Modelle verwendet werden? (Stichwort: „Zero Data Retention“ oder „Opt-out“).

  2. Datenstandort (DSGVO): Wo werden die Daten verarbeitet? Bietet der Anbieter eine Verarbeitung ausschließlich innerhalb der EU an?

  3. Haftung & Urheberrecht: Bietet der Anbieter eine „IP-Indemnity“ (Haftungsfreistellung) an, falls der von der KI generierte Output Urheberrechte Dritter verletzt?

  4. Transparenz (GPAI): Stellt der Anbieter die nach EU AI Act geforderte technische Dokumentation für sein GPAI-Modell (General Purpose AI) zur Verfügung?

  5. Sicherheit & Löschkonzepte: Wie stellt der Anbieter die Mandantentrennung sicher und welche Löschkonzepte (z.B. nach Vertragsende) sind implementiert?

Rollen & Verantwortlichkeiten bei der GenAI-Einführung

Rolle Dein Fokus bei der GenAI-Einführung
Du (AI Compliance Officer) Koordinator & Risikomanager. Du definierst die Policy, bewertest Risiken (Art. 9 AI Act), prüfst Anbieter (Art. 28) und stellst Transparenz sicher (Art. 52).
IT / CISO Technischer Enabler & Schützer. Stellt die sichere Infrastruktur bereit (z. B. Enterprise-Accounts), managt Zugriffsrechte und überwacht den Datenabfluss.
Datenschutz (DPO) / Recht Rechtlicher Berater. Führt die Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) durch, prüft Anbieterverträge (AVV, IP-Haftung) und bewertet Urheberrechtsfragen.
Fachbereiche (z. B. Marketing, HR) Anwender & Umsetzer. Melden geplante KI-Einsätze (Use Cases) bei dir an und halten sich an die von dir erstellte „GenAI Use Policy“.

Fazit: Du als AI-CO bist der Pilot im GenAI-Cockpit

Generative KI ist der erste und dringendste Praxistest für dich als AI Compliance Officer. Hier beweist du deinen unschätzbaren Wert: Statt Innovation durch Verbote zu blockieren, kanalisierst du sie durch smarte Governance.

Du übersetzt die abstrakten Risiken (DSGVO, IP, Art. 52 AI Act) in glasklare, praktische Handlungsanweisungen (die „GenAI Policy“) und stellst durch professionelles Lieferantenmanagement (die „Supplier Governance“) sicher, dass dein Unternehmen die besten und sichersten Tools nutzt.

Genau diese Umsetzungskompetenz – vom Gesetz über die Policy bis zur Audit-Checkliste – ist es, was dich als effektiven AI Compliance Officer ausmacht.

Dein nächster Schritt:

Bist du bereit, diese Verantwortung für den wichtigsten Technologiewandel unserer Zeit zu übernehmen? Die Werkzeuge und Policies für GenAI-Governance sind ein zentraler Baustein des S+P Seminars „AI Compliance Officer“.

Lerne dort, wie du dein AIMS (AI-Managementsystem) aufbaust – inklusive dem kompletten S+P Toolkit mit sofort einsetzbaren Vorlagen für deine AI Policy und Supplier Governance.


FAQ: Praxisfall GenAI – Sichere Einführung von ChatGPT, Copilot & Co.

  • Warum ist Generative KI (GenAI) ein Compliance-Thema?

    Tools wie ChatGPT, Microsoft Copilot oder Midjourney sind längst im Arbeitsalltag angekommen – häufig ohne Freigabe. Diese unkontrollierte Nutzung birgt Risiken wie Datenabfluss, Urheberrechtsverletzungen und Reputationsschäden. Der AI Compliance Officer schafft hier den rechtssicheren Rahmen für Innovation.

  • Was ist die Rolle des AI Compliance Officers bei GenAI?

    Als AI-CO bist du Koordinator, Risikomanager und Enabler. Du erstellst die GenAI Use Policy, bewertest Risiken gemäß Art. 9 und 28 EU AI Act, prüfst Anbieter und sorgst für Transparenzpflichten nach Art. 52. Du ermöglichst Innovation – sicher und kontrolliert.

  • Welche Risiken musst du als AI-CO besonders im Blick haben?

    Drei zentrale Risiken dominieren die Praxis: Datenabfluss & Geheimnisverrat (DSGVO, GeschGehG), Urheberrecht & IP-Verletzungen sowie Halluzinationen & Intransparenz (Art. 52 EU AI Act). Sie gefährden Datenschutz, Reputation und Haftung.

  • Wie gehst du mit Schatten-IT und inoffizieller KI-Nutzung um?

    Ein Verbot funktioniert nicht – du brauchst klare Leitplanken. Mit einer GenAI Use Policy definierst du erlaubte Tools, Datenschutzregeln und Kennzeichnungspflichten. So schaffst du Transparenz, statt Innovation zu blockieren.

  • Was sind die Must-Dos und Don’ts im KI-Alltag?

    Must-Do: Nur freigegebene Tools (z. B. Enterprise-Accounts) verwenden, jeden Output prüfen und KI-Inhalte kennzeichnen. Don’t: Keine vertraulichen Daten, keine personenbezogenen Informationen oder interne Dokumente in öffentliche Tools eingeben.

  • Wie prüfst du externe GenAI-Anbieter rechtssicher?

    Nutze eine Supplier & Third-Party Governance nach Art. 25 & 28 EU AI Act. Prüfe u. a. Datenverarbeitung (EU-Standort), Trainingsnutzung (Zero Data Retention), IP-Haftung und technische Dokumentation. So stellst du Compliance und Datensicherheit sicher.

  • Wie unterstützt dich das S+P Seminar „AI Compliance Officer“?

    Du erhältst das komplette S+P Toolkit mit GenAI Use Policy, Supplier-Governance-Templates und sofort einsetzbaren Checklisten. So baust du dein AI-Managementsystem (AIMS) effizient auf und positionierst dich als strategischer Enabler im Unternehmen.

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